BOTOX: FAKTEN STATT MYTHEN

Falten sind ein Teil des natürlichen Alterungsprozesses der Haut. Im Gesicht sind sie für alle deutlich und schonungslos sichtbar. Feuchtigkeitsverlust, Abnahme der Elastizität und des Kollagengehaltes fördern die Hautalterung. Und nicht jedes Gesicht altert schön. Was wirklich hinter Botox und Hyaluronsäure-Fillern steckt. Dr. Marie-Theres Kasimir, Fachärztin für Dermatologie klärt über Mythen und Fake-News auf.

Die äußeren Faktoren der Hautalterung sind vor allem die Belastung durch UV-Strahlung sowie durch Luftverschmutzung. Daneben sind Rauchen und ein ungesunder Lebensstil besonders schlecht für unsere Haut und begünstigen das Altern. Wie ausdrucksstark wir sind, beeinflusst ebenfalls die Faltenbildung. Durch ständige Aktivität der mimischen Muskulatur wie beim Lachen, Stirnrunzeln, Böse schauen usw. können sich im Laufe des Lebens in der darüber liegenden Haut Falten bemerkbar machen. Das sind beispielsweise die Zornesfalte über der Nase, horizontale Stirnfalten oder Lachfältchen/Krähenfüße. Es werden auch sämtliche anderen mimischen Muskeln behandelt, wobei hier die Entscheidung jedoch immer dem Arzt obliegt, weil es sich um eine Off-label-Therapie handelt, die offiziell nicht zugelassen ist. Die Wirkung der Botox-Behandlung setzt meist nach drei bis fünf Tagen ein und hält drei bis sechs Monate an. Außerhalb der kosmetischen Anwendung kommt der Botulinum-Behandlung eine ebenso große, wenn nicht sogar größere Bedeutung zu, wie etwa in der Neuroorthopädie, in der Behandlung von krankhaftem Schwitzen oder Migräne.

Mythos 1:
„Ästhetische Botox-Behandlungen sollte man möglichst lange hinauszögern.“ Rund drei Viertel der Frauen sind noch immer dieser Meinung, wie eine Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Botulinumtoxin ergab. Tatsache ist aber, dass es weitaus mehr Sinn macht, rechtzeitig zu beginnen, noch bevor sich tiefe Mimik-Falten eingegraben haben, sind Hautärzte wie auch Dr. Marie-Theres Kasimir, Fachärztin für Dermatologie in Wien, überzeugt.

Mythos 2:
„Botox ist ein Nervengift, das die Mimik komplett lahmlegt.“ Fakt ist, dass Botulinum zu einer reversiblen Blockade der Ausschüttung von Acetylcholin an der Synapse des Muskels führt. Da Botox die Muskelkontraktion durch die Blockade des Botenstoffes vermindert, führen Botulinuminjektionen in die betreffende Muskulatur zu einer dosisabhängigen Entspannung. Als Folge der Muskelentspannung glätten sich auch die Falten, sofern sie sich noch nicht allzu tief eingegraben haben. In der Medizin wird vor allem Botulinumtoxin Typ A, das biotechnologisch gewonnen wird, als hochwirksames verschreibungspflichtiges Medikament eingesetzt – und zwar sowohl zur effektiven und sicheren Behandlung von Falten als auch zur Therapie von schweren neurologischen Bewegungsstörungen und extremem Schwitzen unter den Achseln.

Mythos 3:
„Botox ist gefährlich. Die Langzeitwirkungen sind nicht ausreichend erforscht.“ Falsch! Botulinumtoxin wird in der Neurologie und Neuroorthopädie in viel höherer Dosierung seit über 45 Jahren zur Behandlung krankhafter Muskelspasmen, von Schiefhals und Spitzfuß sicher und wirkungsvoll eingesetzt. Aus diesen Anwendungen weiß man, dass es zu keinen langfristigen Nebenwirkungen kommt. Mikroskopische Untersuchungen konnten zeigen, dass nach dem Abklingen der Wirkung von Botulinum keine bleibenden Veränderungen an den Nerven oder Muskeln bestehen. Heute ist das Arzneimittel in vielen Ländern für mehr als 20 verschiedene Indikationen zugelassen.

Mythos 4:
„Botox macht süchtig.“ Botulinum wird nach der Injektion rasch abgebaut, seine Wirkung hält, je nach injizierter Menge und Patient, einige Monate an. Meist kommen Patientinnen und Patienten drei- bis viermal im Jahr zu Botox-Injektionen, erzählt Dr. Kasimir.

Mythos 5:
„Hyaluronsäurefiller sind natürlicher als Botox.“ Interessanterweise sind die Vorbehalte vieler Frauen gegenüber Botox weitaus größer, während die Vorbehalte gegenüber Fillern deutlich geringer ausfallen. Frauen nehmen die Behandlung mit Fillern als weniger risikoreich wahr und stufen Filler eher als harmlos ein, bestätigt Dr. Marie-Theres Kasimir.

Mythos 6:
„Die Nebenwirkungen bei Botox sind größer als bei Hyaluronsäure-Fillern.“ Auch das stimmt nicht, erklärt Dr. Kasimir. Denn die Anzahl von möglichen Nebenwirkungen bei Fillern ist de facto deutlich höher, dennoch existieren gegenüber Botulinum mehr Bedenken und Unsicherheiten. Ein wichtiger Aspekt bei Botulinum ist die Angst vor einer allzu starren Gesichtsmimik. Deshalb ist es ganz wesentlich, sich nur von einem versierten, erfahrenen Arzt, der gute Kenntnisse der Gesichtsanatomie hat, einer Botulinum-Behandlung zu unterziehen, ergänzt die Dermatologin. Gerne kombiniert sie allerdings Hyaluronsäure-Filler mit Botulinum, insbesondere bei Frauen über 40, wenn der Volumenverlust bereits eingesetzt hat oder wenn ganz bestimmte Korrekturen, wie zum Beispiel die Betonung der Wangenknochen oder eine Lippenvergrößerung, erzielt werden sollen.

Mythos 7:
„Im Internet findest du Foren und Videos, wo du in Form von YouTube-Tutorials lernen kannst, dir die Lippen mit Hyaluronsäure selbst zu unterspritzen.“ Das ist besonders gefährlich, warnt die Hautärztin, denn wenn etwas passiert, kann nur der erfahrene Facharzt helfen. In Europa sind über 120 verschiedene HA-Filler unterschiedlicher Qualität zugelassen. Unterschiede im Gehalt der Hyaluronsäure, in der Konzentration und Zusammensetzung ermöglichen eine große Bandbreite an Behandlungsmöglichkeiten – von der oberflächlichen Faltenbehandlung bis hin zu komplexen Konturverbesserungen. Dank der hervorragenden Eigenschaft der Wasserbindung trägt Hyaluronsäure auch dazu bei, den Wassergehalt der Haut, der mit dem Alter abnimmt, zu erhöhen. Dadurch gelingt es, zusätzlich zum Auffüllen der Falten einen jüngeren und glatteren Teint zu erzielen.
Aber: Jeder seriöse Anwender von Hyaluronsäure-Fillern sollte in ausreichendem Maß das Gegenmittel zum Auflösen von Fillern in der Ordination lagernd haben, um im Bedarfsfall schnell reagieren zu können. „Es gibt Komplikationen, auch wenn diese selten sind, die aber nur der geschulte Facharzt beherrschen kann“, warnt Dr. Kasimir. Patienten müssen vor der Behandlung über mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt werden, wobei zu den häufigsten Komplikationen Hämatome, Asymmetrien und Knotenbildung zählen. Zu den schweren Komplikationen zählen intraarterielle Injektionen, die zu Hautnekrosen, Erblindung und Insulten führen können. Mögliche Allergien müssen vor der Behandlung ausgeschlossen werden.

Mythos 8:
„Man muss für Unterspritzungen und Botox nicht zum Arzt gehen, wo die Therapie teuer ist. Im Beauty- und Kosmetikstudio bekommt man dasselbe.“ Hier spart man am falschen Platz, sagt Dr. Kasimir. Das Wichtigste bei der ästhetischen Behandlung ist neben dem Erhalt der Natürlichkeit auch die Prävention von Nebenwirkungen. Wichtig dabei sind eine profunde Ausbildung für gute Kenntnisse der Gesichtsanatomie und die Teilnahme an Kursen zu Anatomie und Technik von Unterspritzungen und Botox-Behandlungen. Weiters kommt es auf die Wahl des richtigen Präparates an und vor allem muss sauber und steril gearbeitet werden, wie man es im OP gelernt hat, so die Dermatologin.

Dr. Marie-Theres Kasimir
Foto: Michaela Krauss-Boneau