ICH BEKOMME EIN BABY: MUSS ICH MEIN BIOLOGIKUM ABSETZEN?

Patient:innen mit schwerer atopischer Dermatitis werden von Juckreiz, Hautentzündungen mit Schmerzen und Schlaflosigkeit gequält und die Lebensqualität leidet stark.

Frauen mit atopischer Dermatitis und Kinderwunsch stehen vor einer schweren Entscheidung. Soll ich das verordnete Biologikum pausieren oder kann ich es ohne Sorgen weiter einnehmen? Eine Fortführung der Therapie ist laut dem Salzburger Dermatologen Dr. Damian Meyersburg immer eine Nutzen-Risiko-Abwägung. Denn beim Vorliegen von sehr schweren Symptomen führen oft schon kurze Absetzversuche zu einem erneuten Aufflammen des Ekzems. Eine schlechte Krankheitskontrolle der Mutter kann unter Umständen den Schwangerschaftsverlauf negativer beeinflussen als eine Fortführung der medikamentösen Behandlung.

Die atopische Dermatitis ist zwar nicht heilbar, doch in jeder Ausprägung gut behandelbar. Bei milden Verläufen setzen Mediziner meist auf eine Therapie in Cremen- oder Salbenform. Bei mittelschweren- bis schweren Verläufen wird häufig mit innovativen Biologika behandelt, die direkt in das Entzündungsgeschehen eingreifen. Der Einsatz von zielgerichteten Biologika ist mittlerweile wissenschaftlich sehr gut belegt, sicher und verträglich. Die neuartige Therapieform wirkt sehr gut, denn sie greift direkt in die fehlgeleitete, übersteigerte Entzündungskaskade ein, ohne das Immunsystem wesentlich zu beeinflussen. Wenn man die Botenstoffe ganz gezielt blockiert, bessert sich meist rasch die Entzündung der Haut und auch der „oft quälende, für die Neurodermitis typische Juckreiz, kommt zum Erliegen“ sagt Dr. Meyersburg.

Medikamente weiternehmen in der Schwangerschaft?

Für die Anwendung in der Schwangerschaft liegen naturgemäß bislang nur begrenzte Daten vor, weil diese Substanzen erst seit wenigen Jahren verfügbar sind. Es gilt allerdings als gesichert, dass das Biologikum wie z.B. Dupilumab nicht „teratogen“ ist, also keine fruchtschädigende Wirkung hat. „Biologika zählen nicht zu den systemischen Immunsuppressiva wie zum Beispiel Cylosporin A, das vor der Ära der Biologika gerne auch langfristig verwendet wurde, sondern haben eine immunmodulierende Wirkung. Man braucht deshalb keine Wechselwirkung oder Anfälligkeit für Infektionen zu befürchten, wie es bei klassischen Immunsuppressiva der Fall ist“, erklärt Hautarzt Dr. Damian Meyersburg von der Universitätsklinik für Dermatologie und Allergologie in Salzburg. Methotrexat (MTX) beispielsweise, ein weiteres Immunsuppressivum, ist kontraindiziert in der Schwangerschaft und darf keinesfalls angewendet werden, weil es fruchtschädigende Effekte hat. Bei Kinderwunsch sollte MTX sogar drei Monate vor Eintreten der Schwangerschaft abgesetzt werden. Diese Bedenken fallen bei Dupilumab, vollkommen weg, sagt Dr. Meyersburg.

Nutzen versus Risiko

Wie bei allen Medikamenten muss die Einnahme von Biologika während der Schwangerschaft in jedem individuellen Fall mit dem behandelnden Arzt abgestimmt werden. Erst dann kann entschieden werden, ob der Nutzen der weitergeführten Behandlung überwiegt und das doch vorhandene Restrisiko das Ungeborene gerechtfertigt ist. Wenn die  Krankheitsdynamik- und Krankheitsschwere es erfordern, wird man laut Dr. Meyersburg auch eine Fortführung der Biologika-Therapie in Erwägung ziehen. „Für das Biologikum Dupilumab gibt es schon einige Fallberichte über die Unbedenklichkeit der Einnahme während der Schwangerschaft, so Dr. Meyersburg“. 

„Es gibt Daten von Frauen mit schwerer Ausprägung ihrer atopischen Dermatitis, die das Biologikum während der Schwangerschaft und während der Stillzeit nicht absetzten und alles ist sehr gut verlaufen“, bestätigt Meyersburg. Eine Behandlung mit Dupilumab während der Schwangerschaft dürfte laut jetzigem Stand der Wissenschaft keine Risiken  bergen, mit einer ausgesprochenen Empfehlung halten sich die Mediziner allerdings noch zurück, denn es ist in der besonderen sensiblen Phase der Schwangerschaft immer eine individuelle Entscheidung und Abwägung von Nutzen und Risiko. 

Bericht: Dr. Christine Dominkus

Dr. Damian Meyersburg, Universitätsklinik für Dermatologie und Allergologie in Salzburg
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