MIT PFLANZENKRAFT GEGEN DIE ATOPIE

Moderne Therapeutika – Wunderwaffe gegen Erkrankungen des atopischen Formenkreises oder alte Pflanzenweisheit?

Pflanzliche medizinische Heilmittel als Alternative zur klassischen Medizin waren und sind stets beliebte Methoden der Heilkunst. „Die atopische Dermatitis, an der zirka 25 % unserer Bevölkerung zumindest zeitweise leiden, wird nach einem Stufenplan hauptsächlich mit Kortisonpräparaten, Calcineurin-Antagonisten, Pflegesalben und Ölbädern behandelt. Das sind längst etablierte Therapieformen und vor allem Kortison ist bei unseren Patienten gleichsam unbeliebt“, berichtet OMR Dr. Johannes Neuhofer, Dermatologe aus Linz und Leiter des Berufsverbandes Österreichischer Dermatologen. Das Wissen über Phytotherapeutika aus der europäischen Naturheilkunde ist leider weitgehend verloren gegangen, denn die kundigen Frauen wurden teilweise als Hexen gebrandmarkt und nicht selten dem Scheiterhaufen überantwortet und mit ihnen ihre Expertise, klärt Neuhofer über archaische Sitten aus dem Mittelalter auf.

Fernöstlicher Ansatz mit Tigergras

Anders im südostasiatischen Raum, wo bis heute mehr als 80 % keinen effektiven Zugang zur westlichen Medizin haben. Tigergras, eine unscheinbare Kriechpflanze, die in feuchtem, sumpfigem Gebiet an Reisfeldern und Waldrändern wächst, hat sich insbesondere durch ihre positive Wirkung auf die Haut einen Namen gemacht und wird seit vielen Jahren in der TCM (Traditionell Chinesische Medizin) und im indischen Ayurveda eingesetzt. Ebenso in Indonesien, dem größten Archipel der Welt mit seinen 17500 Inseln und 200 Sprachen.

Wundersame Pflanze

Der Pflanze Centella asiatica, auch Gotu Kola, indischer Wassernabel oder eben Tigergras genannt, wird eine antimikrobielle Wirkung zugeschrieben, insbesondere gegen Staphylokokken, erzählt Dr. Neuhofer. Staphylokokken sind Bakterien, die besonders bei atopischer Dermatitis als auslösender Keim gelten. Auch gegen Pilze, wie Trichophyton rubrum und mentagrophytes, stimuliert die Pflanze die Mikrozirkulation und die Aktivität der Fibroblasten, mit dem Ziel die Wundheilung bzw. die Abheilung des Ekzems zu verbessern.

Der Name Tigergras rührt der Erzählung nach daher, dass sich verletzte Tiger in den Wassernabelfeldern gewälzt haben, um die Heilung ihrer Verletzungen zu beschleunigen. Besonders in der indonesischen Stadt Bandung, auch „Stadt der Blumen“ oder „Paris des Ostens“ genannt, konnten Untersuchungen diese empirischen Erfahrungen bestätigen. Aber nicht nur in der Dermatologie hat das Tigergras Einzug gehalten. Das Pflänzchen Centella asiatica wird in diesen Regionen auch sehr gerne gegen geistigen Abbau im Alter, als Venentonikum oder auch bei Kindern mit Lernschwäche eingesetzt.

Ganz nebenbei wird es laut Neuhofer auch in der Küche als würzige Beilage verwendet. „Bei meinem Besuch eines typisch kleinen Bauernhofes in Zentraljava bekam ich diese Pflanze frittiert als wohlschmeckende Chips angeboten“, erinnert sich Dr. Neuhofer. „Wenn Centella asiatica auch im Vergleich zu unseren modernen, zielgerichteten Medikamenten augenscheinlich weniger intensiv wirkt, so sind sie doch bei milderen Verlaufsformen der Erkrankung des atopischen Formenkreises und weit darüber hinaus eine interessante alternative Behandlungsform, die wir trotz unserer modernen, biotechnologischen Entwicklungen nicht ganz vergessen sollten“, ist Neuhofer überzeugt.