Die wundersamen Omega-3-Fettsäuren.
Am Frühjahrssymposium der europäischen Dermatologengesellschaft EADV im Mai 2022 wurde in einer deutschen Studie auf den Zusammenhang zwischen Akne und einem Mangel an Omega-3-Fettsäuren im Blut hingewiesen. Omega-3-Fettsäuren werden entzündungshemmende Eigenschaften zugeschrieben. Weiters sollen Omega-3-Fettsäuren die Spiegel von Insulin-like growth factor 1, kurz IGF-1 senken, einem zentralen Hormon, das u.a. auch Akne fördert.
Die Studie.
Menschen, die kein Sonnenblumenöl konsumieren, weisen höhere Omega-3-Fettsäure-Spiegel im Blut auf. Und Menschen mit höheren Fettsäurespiegel essen regelmäßig Hülsenfrüchte wie Linsen und Kichererbsen. Omega-3-Fettsäuren sind enthalten in Algen, Gemüsen, Samen, Lachs und Sardinen aus Wildfang sowie Olivenöl. Sie vermindern die entzündlichen Vorgänge durch die Produktion von verschiedenen Entzündungshemmer. Dr. Anne Gürtler, München, untersuchte in ihrer Studie den Zusammenhang der Fettsäurespiegel mit dem klinischen Bild der Akne, im speziellen der Talgproduktion sowie der Anzahl der verstopften Haarfollikel. Die Autoren schlussfolgern, dass neben anderen Behandlungsmaßnahmen eine dauerhafte Ernährungsumstellung, mit Fokus auf eine Omega-3-Fettsäurereiche Diät langfristig das Erscheinungsbild von Akne verbessern und die Lebensqualität der Betroffenen deutlich anheben könnte.
Wir sprachen dazu mit der Wiener Hautärztin, Dr. Marie-Theres Kasimir, die verschiedene Behandlungsoptionen für Akne und Akne-Narben in ihrer Ordination zur Verfügung hat.
Wie beurteilen Sie die Akne-Studie mit den Omega-3-Fettsäuren?
Dr. Marie-Theres Kasimir: IGF-1 spielt eine zentrale Rolle in der Entstehung der Akne. Omega-3-Fettsäuren senken das IGF-1, weil sie anti-inflammtorisch wirken und weniger Talg produziert wird. Die mediterrane Diät mit ihrem hohen Anteil an Olivenöl, Fisch und Gemüsen ist sicherlich ein guter Ansatz um das Erscheinungsbild von Akne auf natürliche Art zu verbessern.
Wie beurteilen Sie andere Diäten zur Verbesserung der Akne?
Bei Akne-Diäten gegen geht es vor allem darum, den glykämischen Index (GI) niedrig zu halten. Wer Lebensmittel mit niedrigem GI zu sich nimmt, hat niedrige Zuckerlevel, wenig Entzündungsfaktoren und das freie Testosteron wird reduziert. Wie erwähnt spielt IGF-1 bei Akne eine Rolle. Low carb-Diäten sind günstig. Gute Fette (Olivenöl!) und eine Proteinreiche Ernährung reduzieren die Entzündungsmechanismen im Körper und eine niedrige Inflammation ist gut für das Herz und die Haut. Auch eine ketogene Diät reduziert Akne. Ich bin für eine ausgeglichene, abwechslungsreiche Ernährung mit möglichst natürlich zubereiteten Nahrungsmitteln. Je weniger Fertigprodukte man isst, desto eher wird es die Haut danken. Meine Philosophie lautet: keine speziellen Diäten machen, sondern frisch und regional kochen und den glykämischen Index in der Nahrung beachten.
Es wurde auch der Einfluss von Kuhmilch auf die Akne diskutiert. Was sagen Sie dazu?
Milch hat einen hohen GI und durch das Kasein der Milch wird möglicherweise das IGF-1 erhöht. „It may play a role“. Ein Cappuccino am Vormittag wird wohl keine Rolle spielen. Und wie bei allem: „die Menge macht das Gift“.
Welche Art der Reinigung empfehlen Sie ihren Aknepatienten?
Die tägliche 2-malige Reinigung halte ich für ganz wichtig. Je großporiger und fetter, desto wichtiger ist die sorgfältige Säuberung der Haut, wobei Wasser alleine nicht ausreicht. Mizellenwasser ist besonders günstig bei Aknehaut, weil es tief in die Poren eindringt und sie ausreinigt. Ölige Produkte sind nicht geeignet. Reinigungsgels auf Basis von Mikrosilber und Wasser zeigen gute Erfolge, während Alkohol die Haut zu sehr reizt. Auch bei Fruchtsäuren muss man aufpassen.
Sind Zusätze wie Zink, Panthenol oder Silber günstig?
Mein Motto lautet: „Zink von innen, Silber von außen.“ Also zinkhaltig essen oder substituieren, denn Zink fördert die Zellerneuerung. Silber von außen ist super, denn es wirkt antibakteriell. Panthenol als Zusatz wirkt beruhigend. Derzeit gehyped werden auch Niacinamide als sanfte Power-Vitamine für die Haut. Niacinamid ist ein Vitamin B3. Silber als Zusatz in Lotionen oder Cremen wirkt antibakteriell und entzündungshemmend. Zusätze mit Salicylsäure wirken schälend, wenn man diese Wirkung haben möchte.
Welchen Einfluss spielen männliche Hormone (Androgene) bei der Akne?
Androgene erhöhen das freie Testosteron, es kommt zu erhöhter Talgproduktion und des Akne-spezifischen Bakteriums, des Cutibakterium acnes. Die Haut ist fett, verdickt und verhornt und es liegt ein erhöhtes Entzündungspotenzial vor.
Darf man mit Akne in die Sonne?
Ja, man darf in die Sonne, zumindest berichten meine Patienten, dass die Haut besser wird. Aufpassen sollte man, dass Sonnencremes mit LSF 50 nicht die Poren verstopfen. Gemäßigt und vernünftig tut uns die Sonne gut, doch ich rate zu einem der Aknehaut angepassten ölfreien Sonnenschutz.
Wie sieht die Standardtherapie bei Akne aus?
Nach geltenden Leitlinien beginnt mit Stufe 1 in Form von medizinischen Aknecremen. Wenn das nicht funktioniert, kommen als Stufe 2 Antibiotika niedrig dosiert zum Einsatz und an 3. Stelle stehen die Retinoide. Isotretinoin ist ein Vitamin-A-Derivat bei schweren Formen der Akne mit eitrigen Pickeln und Pusteln. Es wird meist oral eingenommen und vermindert die Talgbildung, wirkt entzündungshemmend und gegen Mitesser. Die Hornschicht der Haut lockert sich auf, und ein „Abschälen“ der Epidermis wird so erleichtert. Außerdem wird die Funktion der Talgdrüsen vermindert, wodurch die Poren weniger verstopfen. Insgesamt wird die Haut von innen heraus gereinigt, das Hautbild verfeinert sich, und es treten weniger Unreinheiten auf. Isotretinoin wirkt gegen alle 4 Schlüsselfaktoren der Akne, muss aber über die Dauer von 6 Monaten eingenommen und dann langsam ausgeschlichen werden. Insgesamt dauert die Behandlung ein Jahr. Die Therapie ist hoch wirksam, darf aber nur unter ärztlicher Kontrolle eingenommen werden. Da Isotretinoin über die Leber verstoffwechselt wird, können sich Leber,- Nierenwerte und auch Blutfette erhöhen. Ich mache immer ein Labor vor und während der Therapie.
Worauf muss frau während einer Isotretinoinbehandlung aufpassen?
Frauen dürfen keinesfalls unter Isotretinoin schwanger werden, weil es Plazentagängig und für das ungeborene Kind schädlich ist. Im ersten Trimenon der Schwangerschaft hat es Einfluss auf die Organentwicklung und ist daher bei Kinderwunsch und bei stillenden Frauen kontraindiziert. Manche Kollegen verschreiben es nur nach negativem Schwangerschaftstest. Männer hingegen dürfen unter Isotretinoin Kinder zeugen, es geht nicht ins Sperma über.
Welche Methoden gibt es zur Behandlung von Akne-Narben?
Nr. 1 ist das Microneedling mit mindestens 2mm tiefen Nadeln. Je tiefer desto effektiver. Selbst die Tiefe von 2,5 hält man mit einem modernen Device wie dem Skin Pen und einer anästhesierenden Creme im Gesicht gut aus. Mit dem Dermaroller ist diese Tiefe schmerzvoller. Das Microneedling kombiniert mit Radiofrequenz kann man selbst bei aktiver Akne gleich beginnen, hier stehen verschiedene Möglichkeiten mit verschiedenen Tiefen zur Verfügung, die ich individuelle wähle. Ich benutze Morpheus8, eine Kombination aus Radiofrequenz in Verbindung mit Microneedling, mit dem ich im Gesicht bis zu 4mm Tiefe behandeln kann. Bei dicker Aknehaut kann ich damit Narben effektiv verschönern. Bei starken Aknenarben sind mindestens 5 Sitzungen in Intervallen von 3-5 Wochen nötig. Die Behandlung ist auch im Sommer möglich, es gibt kaum Ausfallszeiten. Ich kombiniere auch gerne die verschiedenen Technologien untereinander. Durch die Einstiche wird ein Wundheilungsprozess ausgelöst, die Kollagenproduktion angeregt und so ein gesunder Reparaturmechanismus in Gang gesetzt. Und man kann sogar nachweisen, dass Gefäße in die Narbe einsprießen.
Welche Laser sind bei Aknenarben am vielversprechendsten?
Der fraktionierten Co2-Laser ist gut geeignet. Ich verwende den Laser aber nicht in der Aknetherapie, weil ich mit dem Microneedling bessere Erfolge erziele. Da ich ursprünglich aus der Herzchirurgie komme und erst danach meine Ausbildung als Dermatologin begonnen habe, bin ich meinem Leitsatz treu: keine tiefen Peelings und keine Laser. Ich möchte meine Patienten weder verätzen noch verbrennen.
Merke:
4 Schlüsselfaktoren sind bei Akne ursächlich: erhöhte Talgproduktion, vermehrtes Cutibakterium acnes, stärkere Verhornung und erhöhtes Inflammationsgeschehen.
Das Interview führte Dr. Christine Dominkus
