Wenn die Scheidenflora kippt

Die Schleimhaut der gesunden Scheide besteht aus vielen nützlichen Bakterien, den Laktobazillen. Problematisch wird es, wenn die Bakterienwelt in der Scheidenflora gestört ist und es zu einem Ungleichgewicht kommt.

Laktobazillen auch Milchsäurebakterien genannt, sorgen für einen sauren pH-Wert von unter 4,5. Krankmachende Keime können in dem sauren Milieu schwer überleben. Bei gesunden Frauen können sich fünf bis acht unterschiedliche Stämme von Milchsäurebakterien in der Scheide aufhalten.

Tabuthema

Eine Scheideninfektion ist keine klassische Geschlechtskrankheit und man muss sich nicht dafür schämen. Obwohl Scheideninfektionen häufig sind, spricht man nicht gerne darüber. Dabei leidet fast jede Frau mindestens einmal im Leben daran. Treten solche Infektionen wiederholt auf, beeinträchtigt dies die Lebensqualität der Betroffenen massiv, es juckt, es brennt, es tut weh, es ist peinlich. Auch die Partner sind betroffen. Viele Frauen greifen zunächst zu mehr oder weniger erfolgreichen Hausmitteln. In online-Foren und Blogs werden oft die merkwürdigsten Tipps wie Joghurt-Tampons weitergegeben. Mitunter dauert es sehr lange, bis die Betroffene den Weg zum Frauenarzt oder zum Dermatologen einschlägt, um eine passende Therapie zu erhalten.

Pilze sollen im Wald bleiben

Bei Pilzinfektionen liegt bei sonst gesunden Frauen eine immunologische Dysbalance vor. Am häufigsten sind verschiedene Hefepilze wie Candida albicans, Candida glabrata, Candida krusei und andere für die vaginale Pilzinfektion verantwortlich. Risikofaktoren dafür sind zum Beispiel die Einnahme von Antibiotika oder hoher Blutzucker bei Diabetikerinnen. Eine Rolle scheint aber auch psychosozialer Stress zu spielen, der das Immunsystem beeinträchtigt. Die Vaginalmykose verursacht einen weiß-gräulichen, leicht bröckeligen, geruchlosen Ausfluss. Juckreiz und Brennen können lästig sein.

Schlechte Bakterien verdrängen

Die bakterielle Vaginose, eine weitere Scheideninfektion, verkörpert ein Missverhältnis der Bakterien in der Scheidenflora, also wenn anaerobe Keime wie Gardnerella, Mykoplasmen, Prevotella, Bacteroides etc. überwiegen und die guten Laktobazillen verdrängen. Zu den Risikofaktoren gehören Rauchen, gleichgeschlechtliche Sexualkontakte von Frauen und ein niedriger Vitamin-D-Spiegel. Oft ist es so, dass Frauen infolge eines Partnerwechsels eine bakterielle Vaginose bekommen. Frauen bemerken es am dünnflüssigen, gräulich bis gelblichen Ausfluss, verbunden mit einem unangenehm fischigen Geruch. Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Empfindlichkeit und vaginale Rötungen können ebenfalls ein Zeichen für eine Bakterieninfektion sein.

Pilze lieben Östrogen

Während Frauen aller Altersgruppen an bakteriellen Vaginosen erkranken, sind Pilzinfektionen bei den 20- bis 40-Jährigen häufiger, weil sie sich nur in einer östrogenangereicherten Scheide entwickeln können. Wenn Frauen in den Wechseljahren jedoch Hormone substituieren, können auch sie an Scheidenpilzen leiden. Die Vaginalmykose kann ebenfalls durch Geschlechtsverkehr ausgelöst werden, wobei weniger die Keime des Partners eine Rolle spielen als die mechanische Belastung durch den Geschlechtsakt. Weiters können durch beliebte Sexualpraktiken Pilze aus der Mundschleimhaut in die Vagina übertragen und so eine Mykose verursachen, denn wir haben zu etwa 30% Pilze im Mund.

Oft ohne Symptome

Etwa die Hälfte der betroffenen Frauen, die eine bakterielle Vaginose haben, ist symptomlos. Oft fällt der unangenehme, leicht fischige Geruch nur dem Partner auf. Prinzipiell gilt: Eine gesunde Scheidenflora, die reich an Laktobazillen ist, schützt uns vor Infektionen. Besonders wichtig ist eine gesunde Flora in der Schwangerschaft. Untersuchungen haben gezeigt, dass etwa 25% aller Schwangeren an einer asymptomatischen Scheideninfektion leiden. Dazu kommen noch etwa 10% symptomatische Patientinnen. Man kann also von einem Drittel aller Schwangeren ausgehen, die an einer bakteriellen Vaginose leiden. Rund 20% der Schwangeren leider an einer Pilzerkrankung der Scheide. Sie wird in der Regel durch den Pilz Candida albicans ausgelöst und verläuft sehr oft symptomlos.

Achtung Schwangere!

Vaginale Infektionen in der Schwangerschaft bergen jedoch eine Gefahr für das ungeborene Leben. Sie erhöhen das Risiko für Frühgeburten und Spätaborte und können Langzeitschäden beim Kind verursachen. Alle Infektionen der Scheide, egal ob symptomatisch oder nicht, müssen daher behandelt werden, um Schwangerschaftskomplikationen zu verhindern. Nachgewiesen ist der Zusammenhang zwischen Infektionen und vorzeitigen Wehen, einem vorzeitigen Fruchtblasensprung beziehungsweise Früh- und Fehlgeburten. Bei Pilzerkrankungen der Scheide können die Pilze im Verlauf einer vaginalen Geburt auf die Haut des Neugeborenen übertragen werden und in den Körper des Kindes gelangen. Die Folgen können Pilzerkrankungen im Mund des Neugeborenen oder Windelausschlag sein. Alle Infektionen sollten daher möglichst rasch und effektiv behandelt werden.

Antibiotika gezielt einsetzen

Antibiotika sollten nur dann eingesetzt werden, wenn es sich tatsächlich um eine bakterielle Vaginose handelt. Wichtig ist, dass die Antibiotikatherapie nach einem Antibiogramm, also erregerspezifisch erfolgt. Denn auch Antibiotika greifen die erwünschten Laktobazillen an, die das natürliche Scheidenmilieu aufrechterhalten. Nach einer Antibiotikatherapie erscheint der Wiederaufbau der Scheidenflora mit Laktobazillen ebenso sinnvoll. Oft liegt bei Frauen, die mit Antibiotika vorbehandelt wurden, ein Mangel an Laktobazillen vor, der behoben werden sollte. (Die vaginale und/oder orale Gabe von Laktobazillen über eine längere Zeit im besten Fall über drei Monate ist dabei hilfreich.) Frauenärztinnen und Frauenärzte empfehlen die gleichzeitige Verwendung von Laktobazillen für die vaginale Anwendung wie auch die orale Gabe als Kapseln zum Einnehmen. Denn die lokale Anwendung wirkt rasch und gesichert, während die orale Einnahme nachhaltig die Scheidenflora günstig beeinflussen kann. Besonders für Frauen, die häufig eine Scheideninfektion bekommen, empfiehlt sich eine regelmäßige Anwendung mit guten Milchsäurebakterien in Form von Scheidenkapseln oder Vaginaltabletten zum Wiederaufbau der Scheidenflora.

Intimhygiene: Weniger ist mehr

Um Infektionen im Intimbereich vorzubeugen, ist auch die richtige Pflege gefragt. Der äußere Intimbereich liegt im sauren Bereich und stellt somit einen natürlichen Schutz vor Krankheitserregern dar. Seifenhaltige oder aggressive Reinigung kann diesen sauren Bereich stören. Sanfte Pflegeprodukte mit Milchsäure schützen und pflegen die sensible Intimzone auch beim Rasieren.

Tipps für die gesunde Scheidenflora:

  • Keine übertriebene Hygiene im Intimbereich
  • Auf alkalische Seifen oder Duschgele verzichten
  • Nur unparfümierte Produkte verwenden
  • Vorsicht bei Intimdeos und Feuchttüchern
  • Nur Einmal-Waschlappen verwenden
  • Handtuch öfters wechseln
  • Niemals auf fremde Klobrillen setzen
  • Atmungsaktive Unterwäsche aus Naturfasern tragen
  • Badeanzug nach dem Schwimmen wechseln
  • Sauna nur mit eigenem Handtuch
  • Tägliche Reinigung mit Milchsäure-Schaum
  • Ballaststoffreiche Ernährung
  • Probiotika: Knoblauch, Joghurt, Kombucha, Kimchi, Sauerkraut oder eingelegtes Gemüse sorgen für gesunde Bakterien
  • Präbiotika: Artischocken, Chicorée, Lauch, Spargel, Zwiebeln oder Topinambur lassen die Milchsäurebakterien wachsen
  • Vorsicht mit Süßigkeiten, denn Zucker füttert bei gestörter Stoffwechsellage den den Hefepilz

Nähere Infos: www.gesundescheide.at