Kreisrunder Haarausfall – gibt es Licht am Horizont?

Kreisrunder Haarausfall, medizinisch Alopecia areata (AA), ist eine Form des Haarausfalls, bei der klar abgegrenzte Bereiche der Kopfhaut plötzlich kahl werden.

Wie sieht kreisrunder Haarausfall aus?

Es ist keine neuartige Krankheit, sondern wurde schon in der Antike beschrieben. Die Alopecia areata ist eine häufige autoimmun vermittelt. Sie ist die zweithäufigste Form von nicht vernarbendem Haarausfall.

Die ersten Anzeichen des kreisrunden Haarausfalls kommen meist völlig unerwartet: aus heiterem Himmel zeigen sich runde, kahle Stellen, wo vorher noch Haare gewachsen sind. Bei den meisten Betroffenen ist nur das Kopfhaar befallen. In einigen seltenen Fällen können aber auch Augenbrauen, Wimpern, Bart oder Körperhaare vom Haarverlust betroffen sein. „Charakteristisch für die AA ist das akute Einsetzen des Haarausfalls. Dieser präsentiert sich typischerweise als rundes oder ringförmiges, klar definiertes haarloses Areal. Das klinische Erscheinungsbild variiert von einem kleinen einzelnen haarlosen Bereich bis zum vollständigen Verlust der Kopf- und Körperbehaarung“, erklärt die Dermatologin Dr. Barbara Gruber, Wels-Grieskirchen.

„Meist entsteht auf der Kopfhaut ein haarloser Fleck mit einem Durchmesser von 1-2 Zentimetern. Die Größe und die Anzahl der haarlosen Areale sind sehr variabel. Sie können entweder isoliert auftreten oder mit anderen Läsionen zu einem größeren haarlosen Bereich zusammenwachsen. Oft folgen weitere kahle Stellen. Die befallenen Flecken sind nicht immer exakt kreisförmig oder rund, aber deutlich von ihrer behaarten Umgebung abgegrenzt. Alopecia areata verursacht keine Schmerzen, kann aber von einem leichten Juckreiz begleitet sein. In vielen Fällen wachsen die Haare von allein wieder nach. Trotz genauer Diagnostik und Klassifizierung kommt es im Laufe der Behandlung oftmals zu Rückfällen.“

Welches sind die Ursachen?

Da die Ursachen des kreisrunden Haarausfalls noch immer nicht genau bekannt sind, ist die Behandlung eine Herausforderung. Vermutlich ist der kreisrunde Haarausfall eine Autoimmunerkrankung. Man nimmt an, dass das körpereigene Immunsystem eine entscheidende Rolle spielt. Vermutlich richtet es seine Abwehrkräfte gegen die Haarwurzel. Entzündungsreaktionen führen schließlich zum Haarausfall. Als gesichert gilt: Kreisrunder Haarausfall wird weder von Mangelernährung noch von Hormonen hervorgerufen. Auch Umwelteinflüsse spielen gar keine Rolle. Neben unterschiedlichen Verläufen und verschiedenen Ausprägungen haben verschiedene Begleiterkrankungen und psychosoziale Aspekte einen starken Einfluss auf die Lebensqualität. Die AA führt deshalb auch zu einer starken psychosozialen Belastung für die Betroffenen. Angstzustände, Depressionen und massive Lebensqualitätseinschränkungen können daraus resultieren.

Unterformen

Meistens bilden sich beim kreisrunden Haarausfall nur einzelne kahle „Inseln“. Es gibt jedoch Unterformen mit einem komplett anderen Erscheinungsbild:

  • Bei der Alopecia areata totalis fliessen die haarlosen Stellen ineinander, bis der ganze Kopf kahl ist.
  • Bei der Alopecia areata universalis ist der gesamte Körper vom Haarverlust betroffen.
  • Bei der Alopecia areata vom Typ Ophiasis verschwinden die Haare am Nacken oder Hinterkopf.

Häufigkeit und Alter

Alopecia areata ist keine seltene Krankheit: Insgesamt sind weltweit ca. 2% der Bevölkerung von dieser Erkrankung betroffen. Für die rund 9 Millionen Österreicher bedeutet das: Etwa 90.000 bis 180.000 von ihnen hatten schon einmal kreisrunden Haarausfall, leiden gegenwärtig darunter oder werden in Zukunft daran erkranken. Kreisrunder Haarausfall befällt Männer wie Frauen in gleichem Ausmaß und alle Altersgruppen können betroffen sein, Alopecia areata kommt bei Kindern und Jugendlichen jedoch häufiger vor als bei Erwachsenen. Überdurchschnittlich oft sind es aber junge Erwachsene, die an kreisrundem Haarausfall erkranken.

Neuere Studien berichten über deutliche Unterschiede zwischen Nordamerika, Südamerika, Europa, Asien und Afrika. So tritt die AA in der afrikanischen oder afroamerikanischen Bevölkerung häufiger auf als bei asiatischen und kaukasischen Menschen.

Wie verläuft kreisrunder Haarausfall?

Der Verlauf des kreisrunden Haarausfalls ist leider nicht vorhersehbar. Bei einigen Personen, verschwindet der Haarausfall nach sechs bis zwölf Monaten von selbst und kommt nie wieder. Bei anderen hingegen wachsen die ausgefallenen Haare wieder nach, und irgendwann tritt der kreisrunde Haarausfall erneut auf. Und wieder andere erleben gar keine Besserung, nicht einmal vorübergehend. Etwa 20-30% leiden unter dauerhaftem Haarverlust. Doch selbst ein chronischer Verlauf des kreisrunden Haarausfalls hat keinerlei Auswirkungen auf die Lebenserwartung. Dr. Gruber: „Das seelische Gleichgewicht kann die Alopecia areata jedoch durchaus in Mitleidenschaft gezogen werden. Die AA führt deshalb auch zu einer starken psychosozialen Belastung für die Betroffenen. Angstzustände, Depressionen und massive Lebensqualitätseinschränkungen können daraus resultieren. Die AA kann eine negative Wirkung auf persönliche Beziehungen haben, zu Stigmatisierung, Mobbing, sozialer Isolation und Scham führen. Patienten mit AA nehmen die Erkrankung häufig als lebensveränderndes Ereignis wahr. Die AA kann sich zudem negativ auf das Selbstvertrauen, die Selbstwahrnehmung, das Selbstwertgefühl und den Beschäftigungsstatus auswirken.“

Wie wird kreisrunder Haarausfall behandelt?

Da die Entstehungsmechanismen für den kreisrunden Haarausfall nicht genau bekannt sind, kann er nicht geheilt werden. Jüngste Studienergebnisse belegen bessere Therapieerfolge mit sogenannten JAK-Inhibitoren, die 2022 von der US-Arzneimittelbehörde (FDA) eine Genehmigung erhielten und auch in Österreich für die Indikation Alopecia areata zur Verfügung stehen.

Folgende Arzneimittel zur Therapie von Alopecia areata werden u.a. eingesetzt:

  • Minoxidil ist ein Wirkstoff, der die Haarwurzel (Follikel) stimuliert, wodurch das Haarwachstum gefördert werden soll.
  • Kortison ist ein Entzündungshemmer, der die Inflammation an den Haarwurzeln bremst.
  • Der JAK-Inhibitor Baricitinib ist ein moderner Wirkstoff, der ursprünglich aus der Rheumatologie kommt, in das Autoimmunsystem eingreift und entzündungshemmende Eigenschaften besitzt. Zur Behandlung von Alopecia areata wird Baricitinib lokal und auch als Systembehandlung angewendet.

Redaktion: Dr. Christine Dominkus,

Vidiert: Dr. Barbara Gruber, Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Klinikum Wels-Grieskirchen

E-Mail: barbara.gruber@klinikum-wegr.at