Was macht eine gute Sonnencreme aus?

Ölig, klebrig, brennt: Viele Menschen stehen mit Sonnencreme auf Kriegsfuß. Dabei schützt Einschmieren nicht nur vor Sonnenbrand und extrem gefährlichem Hautkrebs, sondern gilt mittlerweile auch als der „heilige Gral“ der Hautpflege.
Sonnenschutz hält die Haut zart, beugt „Pickelmalen“ und anderen Hautveränderungen vor. Und auch die Produkte werden immer besser. Was dahintersteckt, wie und wann man sich einschmieren sollte und was eine gute Sonnencreme ausmacht, haben wir bei der Wiener Dermatologin Dr. Barbara Franz nachgefragt.
 

Vitamin A bis E, Niacinamide, Zink, fermentierte Pflanzenstoffe und Öle: Für die Hautpflege gibt es allerhand vielversprechende Wirkstoffe, Produkte und Prozeduren. Eine wachsende Zahl an Fachleuten sagt aber auch, dass ohne ausreichenden Sonnenschutz auch die beste Pflege nicht ausreicht. Sonnencreme gilt mittlerweile als integraler Bestandteil der Kosmetik – und das nicht nur im Schwimmbad, am Strand und bei 30 Grad im Schatten.

„Sonnenschutz hat definitiv einen hohen Stellenwert in der Hausgesundheit„, betont die Wiener Hautärztin Dr. Franz.  Oberste Priorität hat dabei freilich der Schutz vor Hautschäden. Diese beginnen schon lange vor dem Sonnenbrand und können bis zum Hautkrebs führen. Dessen schlimmste Form ist das maligne Melanom – auch bekannt als schwarzer Hautkrebs. Er ist sehr aggressiv, streut oft schon vor der Behandlung in Blut und Lymphe.

Wer sich gut und konsequent einschmiert, kann das Risiko hierfür erheblich reduzieren. Das hat den erfreulichen Nebeneffekt, dass die Haut auch in der Pflege davon profitiert. Denn Sonnencreme filtert nicht nur die gesundheitsschädigenden UVB-Strahlen, sondern auch UVA-Strahlen. Diese verursachen zwar keinen Sonnenbrand, können aber andere schwerwiegende Folgen haben. Nicht zuletzt zerstören sie jene Fasern, welche der Haut eine feste und elastische Struktur geben.

„UVA-Strahlen dringen tief in die Hautschichten ein und verursachen dort chronische Entzündungsreaktionen. Es kommt zu einer starken Ausschüttung von Matrix-Metalloproteasen. Dieses Enzym ist der direkte Gegenspieler der kollagenen Fasern, die für die Spannkraft der Haut verantwortlich sind. Sie werden durch die übermäßige Ausschüttung regelrecht zerstört. Man kann sich das vorstellen wie kleine Scheren, die Kollagenfasern in Schnipsel schneiden“, so die Dermatologin.

Die Haut verliert an Spannkraft und wirkt fahl. „Man kann den Alterungsprozess der Haut nicht stoppen. Aber durch Lichtschutzfaktor mit hohem Filter kann man den Prozess erheblich herauszögern. Und das ist schon die halbe Miete“, so Dr. Franz. Durch den Schutz der körpereigenen kollagenen Fasern „bleibt die Haut einfach wesentlich länger jugendlich“.

Auch Haut mit Akne und Unreinheiten profitiert vom Sonnenschutz. Bei Wimmerln und Co. handelt es sich um Entzündungen der Talgdrüsen. Weil Entzündungsreaktionen immer mehr Sonne aufnehmen, bräunen die betroffenen Stellen stärker als die restliche Haut. Die Akne heilt dann unter dunklen Flecken ab – in der Fachsprache nennt man dies postinflammatorische Hyperpigmentierung. Bis diese „Pickelmale“ wieder verschwunden sind, kann es Monate dauern.

Dass Akne sich unter Sonneneinstrahlung bessert, ist laut der Expertin übrigens ein Mythos. Zwar könne es zu Erstverbesserung kommen, doch mittelfristig schadet die Sonne mehr, als sie nützt. Denn die hauteigene Schutzfunktion führt zu einer Verdickung der äußersten Hautschicht und die Talgdrüsen werden dadurch „zugestöpselt“. Dadurch können sich Einlagerungen und damit wieder „ein Vollbild der Akne“ entstehen, so Franz.  Um die Talgproduktion nicht weiter anzukurbeln, sollte man unbedingt darauf achten, ölfreie Sonnencreme zu verändern.

Andere Hautveränderungen können durch das Einschmieren ebenfalls effektiv vorgebeugt werden – etwa Pigmentflecken, die ebenfalls durch starke Sonneneinstrahlung bzw. die übermäßige Produktion von Eumelanin ausgelöst wird. Auch Frauen in hormonaktiven Zeiten – in der Schwangerschaft, der Stillzeit oder bei der Einnahme von hormonellen Verhütungsmitteln – sollten besonders auf  Sonnenschutz achten, da die Haut bei Östrogeneinfluss deutlich stärker zu Pigmentierung neigt. 

Doch wie sieht nun gute Sonnenpflege in der Praxis aus? Dr. Franz schickt voraus, dass in der Regel deutlich zu wenig Sonnencreme verwendet und damit auch nicht der versprochene Lichtschutzfaktor (LSF) erreicht wird. Dies kann dazu sorgen, dass man sich in falscher Sicherheit wiegt und erst wieder nicht ausreichend geschützt ist. Wenn man etwa Sonnencreme mit LSF 50 wie normale Hautcreme aufträgt, wirke sie wie ein LSF von 20 bis 25.

Dr. Franz verfolgt deswegen die „Regel des doppelten Einschmierens„: Wer zwei Schichten hintereinander aufträgt, ist bei Menge und Verteilung auf der sicheren Seite. Nicht vergessen werden sollten Ohren und Lippen – sie sind „Sonnenterrassen“. Regelmäßig nachschmieren muss man beim Baden, Sport und auch beim Wandern. Das Siegel „wasserfest“ bedeutet nämlich nicht, dass die Creme ewig hält: „Wenn man zweimal Duschen geht oder einmal ins Meer hat man nur mehr 50 Prozent des Lichtschutzfaktors“.

Grundsätzlich sieht die Hautärztin die Tendenz, dass sich immer mehr Hersteller um eine gute Formulierung und Anwendbarkeit der Sonnencreme bemühen. Sie weist darauf hin, dass auch die Inhaltsstoffe permanent kontrolliert werden und strenge gesetzliche Vorgaben herrschen. Trotzdem geraten immer wieder gewisse Wirkstoffe in Verruf, weswegen ein Blick auf die Tube oder in Konsumentenschutztests lohnt. Dabei geht es vor allem um Filter, die Mensch und Umwelt schädigen können.

Bedenklich sind vor allem Filter, die nicht fotostabil sind und selbst unter UV-Einstrahlung zerfallen. Sie können hormonell wirksam sein oder der Umwelt Schaden nehmen – deswegen werden u.a. auch Sonnencremes mittlerweile als „korallenfreundlich“ vermarktet.

Abgeraten wird etwa von Produkten mit Octocrylen, Benzophenen und Octyl Methoxycinnamate. Bei Sonnenschutz in der Naturkosmetik sieht Dr. Franz indes ein Problem darin, dass es keine Standardisierung gibt und die Konzentration der Wirkstoffe schwanken kann.

Immer wieder werden auch Bedenken wegen der Produktion von Vitamin D geäußert, das der Körper in der Sonne produziert. Diese Frage ist auch in Fachkreisen eine Kontroverse und nicht trivial zu beantworten. Tatsächlich hemmen insbesondere starke UV-B-Filter die Produktion – es gibt allerdings auch Studien, die unter Realbedingungen eine ausreichende Vitamin-D-Produktion für wahrscheinlich halten.

Dr. Franz hat als Hautärztin dazu „eine ganz klare Meinung: Man ist schlecht beraten, wenn man aus Angst vor Vitamin-D-Mangel auf den Sonnenschutz verzichtet.“ Zu hoch seien die möglichen Schäden bei starker Sonnenexposition, zudem hänge viel von Hauttyp und Lebensstil ab. Sie empfiehlt stattdessen sich ausreichend vor der Sonne zu schützen und den Vitamin-D-Spiegel ein bis zweimal im Jahr im Labor kontrollieren zu lassen. Existiere tatsächlich ein Mangel, könne man diesem unter fachlicher Kontrolle mit Präparaten entgegenwirken.

Hautcreme mit LSF keine Option

Und wenn der Sommer sich dem Ende zuneigt – wie weitermachen? Dr. Franz dazu: „Wenn man vor allem der Entstehung von Hautkrebs vorbeugen möchte, sollte man sich je nach Wetterlage von Mitte März bis Mitte September einschmieren.“ Wenn es um die Ästhetik geht, empfiehlt sie wegen der Streustrahlung die Verwendung eines ölfreien Sonnenschutzes im ganzen Jahr – gerne auch statt der Tagespflege. Diese werde in Sonnencremen mittlerweile „mitgedacht“.

Allerdings rät Dr. Franz davon ab, sich auf Hautcremen und andere Make-Up-Produkte mit LSF-Versprechen zu verlassen. Mittlerweile gibt es ganze Marken, die Produkte vom LSF-Lidschatten bis zum Sonnenschutz-Puder vermarkten. Die Expertin zeigt sich hier skeptisch: „Das schaut alles schön und schick aus, aber ein hoher Lichtschutzfaktor lässt sich in einer Hautpflege nicht formulieren.“

Daher sollte man sich eine gute Sonnencreme für die eigenen Bedürfnisse suchen. Ohnehin sei es am wichtigsten, ein passendes Produkt zu finden, das man auch gerne verwendet. Wenn die Creme klebt, zu stark weißelt oder in den Augen brennt „hilft das beste Gütesiegel nicht“. Anwendbarkeit sei „das Zauberwort“.

www.hautsachegut.at

Foto: Dr. Barbara Franz
cc: Moritz Schell
www.hautsachegut.at